Die Frau in uns, das geheimnisvolle Wesen?
© Wilfried Schütz 2016
British Museum: Queen of the Night
Über das Weibliche zu schreiben, heißt einen inneren Widerspruch auszulösen. Denn es ist der Versuch, mit dem männlichen Verstand die weiblichen Dimensionen des Seins zu begreifen und niederzuschreiben, die ihm normalerweise nicht offen stehen: das Sehen und Fühlen. Vielleicht gelingt es aber, diesen Sinn suchenden männlichen "logischen" Verstand (Jupiter) zu veranlassen, auf die Mitteilungen des Weiblichen zu hören, mit welcher er in einem Körper wohnt. Eigenartiger Weise ist dieser "feurige" Philosoph in uns im wässrigen Zeichen des Krebs erhöht.
Jeder, ob Frau oder Mann, verfügt über weibliche und männliche Fähigkeiten gleichermaßen. Diese Erkenntnis beginnt sich in den letzten Jahrzehnten langsam durchzusetzen. Das Horoskop lässt daher auch nicht erkennen, ob es sich um einen Menschen in einem weiblichen Körper oder in einem männlichen Körper handelt. Die beiden gegensätzlichen Anlagen bilden in uns die innere Frau und den inneren Mann. Im Ursprung, als Adam und Lilith, waren sie einander absolut gleichberechtigt.
Der Schweizer Arzt und Psychologe C. G. Jung nannte diese beiden Gestalten in uns Anima und Animus. Allerdings ging er nicht so weit, beide Gestalten gleichberechtigt in jedem Menschen wirken zu sehen. Vielmehr war er der Meinung, es handle sich um gegengeschlechtliche Suchbilder, die sich aus der Summe der Erfahrungen unserer Ahnen bildeten. Die Frau trägt also ein Animusbild in sich und der Mann ein Animabild nach welchem sie sich ihre Partner meist unbewusst auswählen.
Im Tierkreis finden wir die urweiblichen Fähigkeiten in den Zeichen des Wasserelements. Dieses Element ist im Gegensatz zum Element Erde als einziges vollkommen weiblich polarisiert. Es ist feucht (Begrenzungen auflösend, verbindend) und kalt (empfangend). Da es drei Wasserzeichen gibt, wundert es nicht, dass die große Mutter bzw. die große Göttin – so wird die Frau seit Urzeiten genannt - schon immer dreigestaltig war und ist. Auch die Urfrau Lilith vereint alle drei Fähigkeiten in sich: die gegenüber dem Logos (das schöpferische "Wort") empfängliche heilige Seherin (Fische / Neptun), die leidenschaftliche, magische und sexbesessene Herrin unserer Seele, die "Hure" (Skorpion / Pluto), und die Herrscherin der belebten Natur, die alles körperlich Lebendige gebiert und umsorgt, die Mutter (Krebs / Mond).
Wasser und damit das Weibliche ist empfänglich und bietet dem Leben Schutz und Geborgenheit. Das Wasser ist unsere Heimat. Leben ist ohne das Wasser nicht denkbar. Die mit ihm verbundenen Fähigkeiten sind: unsere Empfänglichkeit, unser Wahrnehmungsvermögen, das damit verbundene Fühlen und Erleben, unsere Fähigkeit zu nehmen, die Fruchtbarkeit, das Gebären und das Umsorgen.
Der Mann in uns ist der Aktive und Handelnde. Er kann aber nicht sehen, denn Wahrnehmen ist weiblich! Daher bedarf er der stetigen Reflektion (Mond) seines Handelns durch die Frau in uns. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen. Der Künstler trägt zwar die Farben auf, die Künstlerin im gleichen Körper aber nimmt sie wahr und entscheidet, ob sie ihr gefallen, ob sie sich mit ihnen identifizieren kann oder ob Farbton und Farbverteilung verändert werden müssen, um beim Anblick des Bildes ein stimmiges Gefühl zu haben. Ist diese Gemeinsamkeit ausgewogen, entsteht ein wahrhaft identisches Kunstwerk.
So sollten Mann und Frau in uns in Harmonie miteinander leben. Deshalb ist eines der großen Ziele der ägyptischen Kunst der Alchemie die Conjunctio oppositorum (Vereinigung der Gegensätze), die innere heilige Ehe.
Die dreifaltige große Mutter, die große Göttin, Lilith
Fische |
Neptun (weibl. Jupiter) |
Herrscherin des Geistes (Himmels), geistige Wahrnehmung des Ganzen, Alleinigkeitserleben, Empfang des Transzendenten, Seherin, Intuition, Heilige, Vertrauen in Alles, All-Liebe, Sorge um unser Heil, geistige (himmlische) Heimat (Paradies / Meer) |
Skorpion |
Pluto (weibl. Mars) |
Herrscherin der Seele, Vorstellungskraft, seelische Wahrnehmung der inneren Bilder, ... des Bildes des Einen (Einbildung), Verpflichtung gegenüber den Bildern/ Vorstellungen/ Erwartungen, Speicher der Erfahrungen (sofern unverarbeitet = seelische Belastung), Sorge um die Seelischen Aufträge, Sexualität, seelische Heimat |
Krebs |
Mond |
Herrscherin des Körpers / der lebendigen Natur, Empfang der Reize im körperlichen Sein, körperliche Wahrnehmung und Erleben in der Materie, Geburt körperlichen Lebens, Sorge um die körperlichen Bedürfnisse (Geborgenheit), körperliche Heimat |
Die spirituelle Dimension der inneren Frau (Fische / Neptun)
Unsere ursprüngliche Heimat war das Paradies, und wir haben Sehnsucht dorthin wieder zurückzukehren. Diese Ur-Heimat verbindet sich mit dem beweglichen Zeichen der Fische und dem Planeten Neptun (früher der weibliche(!) Jupiter). Die Symbolgestalt ist die Himmelskönigin Isis, Maria bzw. Maya oder die schwarze Madonna. Im Tarot entspricht ihr die Hohe Priesterin und in den Märchen ist sie die gute Fee. Die geistige Empfänglichkeit ist - darauf weist die nach oben gerichtete Schale im Planetensymbol des Neptun hin - auf das Transzendente, das göttliche "WORT", gerichtet. Das Gleiche bringt die Schale (Symbol der Empfänglichkeit) unter dem linken Fuß (Fische) der Madonna zum Ausdruck. Die Gestalt ist auch identisch mit der Nymphe, der Jungfrau der Quelle in uns. Sie empfängt und gebiert den Fluss des Schicksals. Die Nahrung auf dieser Ebene ist das göttliche Wort, der LOGOS. Hier zeigt es sich, dass der Mensch nicht nur von Brot alleine lebt.
Ein anderes Symbol Neptuns trägt zwei Schalen über dem Kreuz. Ein Hinweis, dass diese Wahrnehmung bipolar die Ganzheit erfasst. Sie lässt uns erkennen, dass es zwischen unserem ICH und unserer Umwelt keine Trennung gibt, dass alles EINS ist, dass alles wir SELBST sind. Als Seherin verfügt sie über die "Augen", die wahrhaft sehen können! Daran gemessen, sind wir normalerweise blind. Sie empfängt und gebiert den Sohn (Mann), der dem Wasser entsteigt (Wassermann, Uranus). Der voll entwickelte Neptun schenkt uns die Gefühle absoluter Wonne, des Vertrauens und der All-Liebe. Da uns diese Dimension in unserem Himmel (Bewusstsein) durch den Fall unseres Bewusstseins in das Urteil (Saturn) verloren gegangen ist, entstammt ihr das neurotische Gefühl der Angst, dass unser Schicksal vielleicht doch nicht GUT verläuft, sondern BÖSE.
Die seelische Dimension der inneren Frau (Skorpion / Pluto)
Die seelische Wahrnehmung lässt uns bei geschlossenen Augen unsere inneren Bilder sehen, die sich zum einen aus den Aufträgen des Geistes (Himmels) an unsere Seele bilden (Ein-Bild-ung) und die zum anderen aus den kollektiven und individuellen Erfahrungen der Vergangenheit herrühren (unser Gedächtnis). Für sie steht das fixe Tierkreiszeichen Skorpion und der Planet Pluto (sekundär der weiblich polarisierte Mars, als alter Herrscher des Skorpion). Eine der Symbolgestalten ist die späte mythologische Hekate. Vom griechischen Dichter Hesiod (ca. 700 v. Chr.) ursprünglich eher als dreifaltige Göttin gesehen, wurde sie später immer mehr die „Königin der Hexen“. Ihr entspricht in der indischen Mythologie Kali, „die Schwarze“.
Im Zusammenhang mit unseren inneren Bildern sprechen wir von Vorstellungen (Bilder, die wir in unserem Inneren vor uns stellen) oder Einbildungen (Bilder des Einen bzw. hineingenommene Bilder). Diese Bilder üben so lange eine Verpflichtung (fixes Zeichen) in unserer Seele aus, bis wir sie über unsere Taten ins Leben und in die Bewusstheit gebracht haben. Verzichten wir auf ihre Verwirklichung, so zwingt uns diese Kraft über die Sexualität neues Leben zu zeugen, das die Erledigung der Aufträge übernehmen muss (Sippenprogramm). In ihr verfügen wir aber auch über die Kraft der Magie, über das Zwingende.
Diese urweibliche Kraft, die als Äquivalent der männlich-körperlichen Kraft des Mars gegenübersteht, fürchteten die Männer der Kirche und führten einen beispiellosen und grausamen Feldzug gegen sie. In der Inquisition verfolgten sie seit dem 14. Jh. bis weit in die Neuzeit hinein hauptsächlich Frauen, die sie als Hexen denunzierten und auf die sie ihre eigenen perversen Phantasien projizierten. Sie würden es – so lautete ihr Vorwurf - wollüstig mit dem Teufel treiben. Da muss doch der Teufel ein äußerst beschäftigter Mann gewesen sein! Mehrere Millionen – die genaue Zahl liegt im Dunklen - Frauen fielen diesem „Männerwahn“ (Männerangst) zum Opfer. In ihrer Not mussten die Frauen ihre urweibliche Kraft bis auf den heutigen Tag mehr oder weniger verdrängen. Dies führte dazu, dass bis in die Gegenwart die Sexualität zur Domäne des Mannes wurde: Er will – angeblich – immer nur „das Eine“.
Die urweibliche Kraft zeigt sich auch in der Alchemie. Die Hitze, die zum seelischen Umwandlungsprozess benötigt wird, erzeugt ein "kosmischer Ofen", der unübersehbar weibliche Formen besitzt (siehe Abb.). Die notwendige Hitze, die er zur Destillation / Verarbeitung der Gefühle hervorbringt, stammt vom weiblichen (!) Mars (Pluto, Skorpion). "Sie" erzeugt den kompromisslosen Drang in die Tiefe und die Hitze der Leidenschaft.
Abb.: Kosmischer Ofen (Athanor)
Die körperliche Dimension der inneren Frau (Krebs / Mond)
Der Mond, Herrscherin des Zeichens Krebs, als Dritter im Bunde reflektiert das Sonnenlicht in die irdische körperliche Sphäre. Er ist damit Herrin der belebten Natur (lebendige Materie). Sie empfängt zum einen die Aufträge der Seele, unser WOLLEN (Sonne), an den Körper und zum anderen - als kardinales Prinzip - alle Reize der körperlichen Welt, die im Hier und Jetzt auf uns einwirken, ob es der Sonnenuntergang ist, der unsere Sinne fesselt oder der grässliche Fraß einer Fastfood-Kette. „Die“ Mond steht für die körperliche Wahrnehmung und die damit verbundenen Gefühle ebenso, wie für die sich darin zeigenden Bedürfnisse nach Geborgenheit, Nähe und Versorgung (Kleidung, Wohnung, Familie, Heimat, Nahrung ...). Sie hat aber nicht nur Hunger auf Nahrung, sondern sie ist auch erlebnishungrig. Sie verleiht dem Frauenkörper die Fähigkeit, weitere lebendige Körper zu gebären. Diesen Kindern – „die nicht wirklich ihre Kinder sind“ (Khalil Gibran: Der Prophet) - begegnet sie für lange Zeit in der Gestalt der fürsorglichen Mutter.
Verwirrender Weise hat es sich teilweise eingebürgert im Mond die Seele und in der Sonne den Geist zu sehen. Was repräsentieren dann aber die 10 anderen Archetypen? Wie verträgt sich das z.B. mit der Döbereinerschen Quadrantendeutung (I Körper, II Seele, III Geist, IV Ergebnis, Bedeutung)?
Der Umgang mit unseren weiblichen Fähigkeiten
Sehen und erleben – gleich auf welcher Ebene - ist ein Prozess der Hineinnahme von energetischen Reizen (transzendentes Licht, Erwartungen, Sonnenstrahlen, Klänge, Gerüche, kalte oder heiße Berührungen usw.). Stark weiblich betonte Menschen sind introvertiert. Mit dem Erleben sind immer auch Gefühle verbunden, die Sprache der inneren Frau, die uns über Wohl- oder Missgefühle mitteilen, wie weit unsere natürlichen Bedürfnisse befriedigt sind.
Aus welcher Ebene der Wahrnehmung unsere Gefühle wirklich stammen, ist nicht immer einfach zu erkennen. Mit manchen unserer inneren Bilder sind noch starke, aus der Vergangenheit herrührende, Gefühle (Pluto) und Erwartungen verbunden. Sowohl solche, die aus traumatischen Erlebnissen stammen, als auch solche, die aus angenehmen Erfahrungen resultieren. Diese „alten Gefühle“ überlagern beispielsweise allzu oft unsere Mond-Gefühle zum Hier und Jetzt. Dazu mischt sich das stets unterschwellig vorhandene Gefühl der Angst (Neptun) vor dem unbekannten Schicksal. Nur selten sind wir deshalb in der Lage, uns mit unserem Gefühl auf das tatsächliche Hier und Jetzt zu konzentrieren.
Es gibt ein großes Risiko, das mit der weiblichen Fähigkeit, dem Erleben, verbunden ist: Sie setzt voraus, dass wir uns öffnen, doch wir haben Angst den Berührungen schutzlos ausgeliefert zu sein. Diese erscheinen uns oft allzu intensiv, bedrohlich, grob oder gewalttätig, so dass wir glauben, uns schützen zu müssen. Wie unberührbar unsere Gesellschaft geworden ist, demonstriert beispielsweise der übermäßige Gebrauch der Sonnenbrille. Die Sonne als männliche Strahlung wird als zu intensiv empfunden und abgeschirmt. Dies ist ein Gleichnis dafür, dass männliches Wirken und Handeln tatsächlich zunehmend als grob und rücksichtslos erfahren wird. Dabei wäre es uns aber möglich zu erkennen, dass der grobe Mann im außen nur die Projektion unserer eigenen männlichen Seite im Inneren ist. Dieser Erkenntnis verschließen wir uns allzu gerne und kämpfen im Außen mit Frauenpower gegen die Männer. Im gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Bereich ziehen wir uns zudem allzu oft hinter die Mauern des Anstandes und der Moral zurück. Das Leben findet aber vor den Mauern statt und wir sind frustriert, dass wir kaum mehr etwas erleben. Die inneren Bilder der Erinnerung an traumatische Erlebnisse verbergen wir gar in unserem Unbewussten hinter einer Mauer der psychischen Abwehr. Die Intuition besitzt in unserer wissenschaftlich sich gebenden Welt gleich gar keine Bedeutung, weil sie allzu schnell die Illusion wissenschaftlicher „Fakten“ entlarven würde.
So verfügt zwar jeder, ob Frau oder Mann, über diese weiblichen Fähigkeiten, sie werden aber im alltäglichen Leben wenig geachtet. Auf der körperlichen Ebene nutzen wir unsere Empfänglichkeit um die Zeitung oder Akten zu lesen, die produktiven Prozesse zu kontrollieren, zu sehen, ob wir Beachtung und Anerkennung finden und ob die Summe auf unserem Konto hoch genug ist, um auch in Zukunft abgesichert zu sein. Sie wird genutzt zum Blick auf und durch die wissenschaftlichen Instrumente, um den Erfolg der männlichen Wissenschaft (Schütze, Jupiter) zu mehren. Aus diesen Beispielen wird erkenntlich, dass die weibliche Fähigkeit meist nur benutzt bis ausgenutzt wird. Sie ist in der Regel nur als Dienerin zugelassen, nach dem Motto: wahrnehmen, ja, eine eigene „Meinung“ (Gefühl) zum Wahrgenommenen, nein!
Schon früh in der Erziehung wird das Kind angeleitet, seine Gefühle - die innere Frau - nicht zu achten. Der Knabe, als Mensch im männlich polarisierten Körper, darf beispielsweise keine Tränen (Gefühle) zeigen und der Weg zum Rambo ist vorgezeichnet. Den Mädchen wird - im Spiel versteckt - beigebracht, ihre ganze Fürsorglichkeit auf Puppen zu richten und nicht auf sich selbst. Der Sinn der Frau zentriert sich damit auf die Mutterschaft. Der Erziehungssatz „Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt“ missachtet die Signale des Geschmackssinnes. Hinterher kann MacDonalds dann sein Geschäft machen. „Dein Teller ist noch nicht leer“ verhindert die Achtung gegenüber unserem Sättigungsgefühl und die Diät-Mafia bekommt in Zukunft ihre Klientel. Die Mode vereitelt allzu oft, uns so zu kleiden, wie wir uns wohl fühlen würden. Die Launen (lat. luna, Mondgefühle) werden beurteilt und in GUTE und schlechte (BÖSE) Launen geteilt. Die gute Laune ist willkommen und die schlechte ist zu verdrängen. So sind wir in Zukunft nur noch „GUT“ drauf und machen gute Miene zum allzu oft bösen Spiel des Lebens. Wir geben uns "cool".
Unter diesen Bedingungen ist es möglich uns Menschen in entfremdete Lebens-, Arbeits- und Produktionsbedingungen zu stellen. Wir können doch nicht im Ernst annehmen, dass unser Gefühl dazu jubelt, wenn wir acht Stunden am Tag auf die 0,15 Quadratmeter große viereckige Fläche eines Computerbildschirms starren, und dies nicht nur einen Tag lang, sondern über Jahre! Zur gegebenen Zeit rächt sich unser Gefühlsleben, da jede innere Gefühlsregung unberücksichtigt blieb, mit zunehmender Depressivität und hängenden Mundwinkeln.
Die Aussagen der kirchlichen Patriarchen, wie die des „heiligen“ Augustinus (354-430), taten das ihre dazu, die weibliche Seite vollends herabzuwürdigen: „In Fäkalien und Urin der Geburt zeigt sich die Nähe der Frau zu allem, was niedrig, gemein, verderbt und körperlich ist, in konzentrierter Form; der „Fluch“ der Menstruation macht sie den Tieren ähnlich; die Verlockungen ihrer Schönheit waren nichts als ein Aspekt des Todes, den ihre Verführung Adams mit sich gebracht hatte“ (zitiert nach Bernard A. Lietaer: Mysterium Geld, Riemann Verlag, S. 73). Erst im 12. Jh. fand das Weibliche, ihrer Sexualität beraubt, als „unbefleckte“ Himmelskönigin Maria wieder Eingang in die Kirche.
Was am Weiblichen mag diese Männer so in Rage versetzt und bedroht haben? Männer sehen die Welt mit der Brille der Logik. Sie wünschen sie sich logisch, berechenbar und kontrollierbar. Das gibt ihnen scheinbare Sicherheit vor den unwägbaren Schicksalsgöttinnen. Da stört das Gefühl, das von uns Menschen Hingabe fordert, das irrational erscheint und die Logik in Frage stellt.
In unserem Leben wird daher das Gefühl kaum mehr als gleichberechtigtes Korrektiv zugelassen und beachtet. Den daraus entstandenen Frust der inneren Frau versuchen wir durch „Sonderangebote“ zu besänftigen: Erlebnisse der Ehrung und des Erfolgs, Urlaubserlebnisse, Gaumenfreuden in Gourmetlokalen, abgeschnittene Blumen, Kulturveranstaltungen usw.. Besänftigt durch diese Erlebnisse, glauben wir im Alltag unserem Gefühlsleben jede Menge an Unerträglichkeiten zumuten zu können. Die Missachtung des Weiblichen zeigt sich selbst in unserem Körper. Unser Säure- Basengleichgewicht ist gestört, in der Regel sind wir übersäuert (Säure = männlich), sodass die weibliche "basische" Kraft der Heilung (Neptun) beeinträchtigt wird.
Wie wir mit der Frau in unserem Inneren glauben umgehen zu können, so gehen wir auch mit den Frauen im Außen um. Ebenso verächtlich behandeln wir aber auch die Natur. Ausgebeutet und ausgenutzt erkrankt sie zunehmend. Wälder sterben und die Artenvielfalt nimmt in bedrohlichem Maße ab. Insbesondere der starke Rückgang unserer Singvögel zeigt uns gleichnishaft, wie stark wir unsere uranische Seite verdrängen: das wahre Menschsein, als Individuum (Ungeteilter) in Freiheit, Unabhängigkeit und Gleichberechtigung zu leben. Wie stark Weibliches in unserer Welt abgewertet wird macht auch die kleine nachstehende Gegenüberstellung der dem Männlichen und dem Weiblichen zugeordneten Begriffe offenbar.
weiblich, weibisch |
männlich |
passiv (oft gleichgesetzt m. faul) |
aktiv |
nehmen |
geben |
introvertiert |
extrovertiert |
links, linkisch |
rechts, richtig |
dämlich |
intelligent, herrlich |
launisch |
logisch |
negativ |
positiv |
Nacht, dunkel |
Tag, hell |
Finsternis |
Licht |
hysterisch (v. lat. Gebärmutter) |
be-herr-scht |
Wie kommt es zu dieser kollektiven Entwicklung im menschlichen Sein? Die Ursachen gehen auf den „Sündenfall“ zurück. Seit der Mensch sich angewöhnt hat zu urteilen (Saturn), wollte er vor Gott GUT sein. Er versprach sich davon, zur Belohnung wieder ins Paradies zurück zu dürfen. Der GUTE Mensch muss sich beweisen, muss sich anstrengen, Leistungen vollbringen, sich disziplinieren (Saturn). Wie GUT er ist, liest er am Erfolg ab, den er in der Gesellschaft hat. Die männlich-handelnde Seite in uns gestaltet damit ein Leben unter Leistungsgesichtspunkten. Sie fordert Disziplin! Hierzu würde unser Gefühl, also unsere innere Frau recht schnell „nein“ sagen. Da der innere Mann aber nach „oben“ (Erfolg) strebt, bleibt die Frau in uns unbeachtet und „unten“ (Erfolglosigkeit). Dieses Spiel scheint recht alt zu sein, denn genau davon berichtet der jüdische Mythos der Lilith. Lilith, unser weiblicher Teil, wollte nicht unter Adam, unserem männlichen Teil, zu liegen kommen. Ihr stand ja Gleichberechtigung zu! Wir achteten sie aber kollektiv nicht mehr und deshalb zog sie sich in die „reißenden Wasser“ (Wut) unseres Unbewussten zurück und entfaltet von dort ihre schicksalhaften Wirkungen.
Ist die Venus nicht auch ein Teil der inneren Frau?
In der Astrologie hat es sich eingebürgert, das Weibliche auf zwei Fähigkeiten zu reduzieren: Den mütterlichen Mond und die Venus der Waage, die Geliebte. Unterstützt wird diese Zuordnung durch die kollektive Gepflogenheit, für den Mann das Symbol des Mars und für die Frau das der Venus zu verwenden. Vielleicht wurde dies dadurch gefördert, dass auch die Astrologie eine männliche Schieflage besitzt. Im ganzen Planetenkreis gibt es nur zwei weiblich gekennzeichnete Himmelskörper: Sonne und Venus! Dabei wird selbstverständlich die Sonne als männlich gesehen. Bleibt also nur noch die Venus übrig. Wer käme denn auf die Idee, in Neptun oder in Pluto eine Frau zu sehen? Die alten Griechen waren eben auch schon Patriarchen.
Aber ausgerechnet die Venus der Waage ist Vertreterin eines männlich polarisierten Luft-Zeichens. Offenbar ist ihre
Bedeutung zu wenig klar, sonst würden wir erkennen, dass sie keine urweibliche sondern eine vermittelnde (typisch Element Luft) Fähigkeit repräsentiert. Viele sprechen hier von prickelnder Erotik
und modischem Schnickschnack und machen sich nicht den Sinn der Erotik klar. Sie sehen in ihr lediglich eine weibliche Kraft, die ein amüsantes Spiel der Begegnung aufführt. Da kannte sich der
griechische Philosoph Platon (ca. 400 v. Chr.) schon besser aus. Er definierte den Begriff Erotik, indem er im Symposion (Gastmahl) schrieb: „Unsere ursprüngliche Beschaffenheit
war, dass wir ganz waren, und das Verlangen und Trachten nach dem Ganzen heißt „Eros“ (Liebe)“. Aphrodite (gr. Waage-Venus) entstand als heilende Kraft, als in uns Uranus –
unsere Individualität (Ungeteiltheit) – von Saturn entmachtet wurde und diese Individualität durch unser Urteil in einen GUTEN und einen BÖSEN Teil zerrissen (geteilt) wurde. Die als BÖSE
verurteilte Seite verdrängten wir in unser Unbewusstes. Die Venus hat nun die Aufgabe, uns über die Begegnung mit unseren fehlenden Anteilen zu konfrontieren, so dass diese uns wieder bewusst
werden können. Die Psychologie redet in diesem Zusammenhang von Projektion, die Esoterik nennt die Welt der Begegnung einen Spiegel, der uns unbewusste Seiten von unserem SELBST zeigt.
Sind wir als wahrhafte ungeteilte Menschen schön, so fehlt uns nach der Teilung ein wesentliches Segment und unsere Schönheit wird unvollkommen. Diesen Teil uns zurückzubringen, ist die Aufgabe
der Venus / Aphrodite! Sie steht also für die Schönheit einerseits, aber auch für unseren verzauberten Umgang mit ihr und unseren eitlen Blick in den Spiegel andererseits. Daher, nicht Kosmetik
und Mode macht uns schön, sondern die Integration des uns Unbewussten und "Fehlenden" in unser Bewusstsein.